Anders als häufig angenommen, stellt Antisemitismus kein Phänomen der Vergangenheit dar, sondern scheint noch immer einen festen Bestandteil in der Gesellschaft Deutschlands einzunehmen. Empörte sich die Öffentlichkeit zwar jüngst über die antisemitischen Schriften des AfD-Politikers Gedeon und den Umgang der Partei mit ihm, entlasteten zugleich deutsche Gerichte in mehreren Fällen Antisemiten. Aber auch in der radikalen Linken scheinen Boykott-Bewegungen und Gruppen, die Israel vernichten wollen, wieder an Einfluss zu gewinnen. Auch Umfragen zeigen seit Jahren, dass sich antisemitische Einstellungen durch alle Gesellschaftsschichten ziehen, Vorurteile sowie Ressentiments oftmals ungehindert reproduziert werden und Antisemitismus selbst immer noch gesellschaftsfähig ist. Hinzu kommen in anderen Ländern Europas vermehrt tödliche Angriffe auf Juden als Juden. Zugleich wird – v.a. in der radikalen Linken, aber auch darüber hinaus – sehr emotional über die Berechtigung von Antisemitismus-Vorwürfen diskutiert.
Was also ist Antisemitismus? Wie äußert sich diese spezifische Denkform und welche Dimensionen beinhaltet sie? Wie sind antisemitische Äußerungen von Kritik zu unterscheiden?
Wir möchten gemeinsam mit euch den Versuch einer Begriffsbestimmung wagen, uns darüber austauschen, was Antisemitismus wir unter Antisemitismus verstehen sowie verschiedene Aspekte des Antisemitismus kennenlernen und diskutieren.